Die Psychoanalytische Frühjahrsakademie, zu der die Akademie für Psychoanalyse und Psychosomatik Düsseldorf e.V. in Kooperation mit dem Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf vom 27.03.-31.03.2023 in den Räumen der Universität eingeladen hat, bot den Teilnehmenden unter der diesjährigen Leitfrage „Wieso Psychoanalyse? – Wieso Krieg?“ die Möglichkeit, die Grundlagen und Anwendungen der Psychoanalyse über Theorieeinheiten, Selbsterfahrung, Abendvortrag, psychoanalytischer Filmbesprechung und einer Zukunftswerkstatt kennenzulernen. Da es sich hierbei um einen Erfahrungsbericht aus studentischer Sicht handelt, wird auf eine detailgetreue Wiedergabe des Ablaufplans verzichtet und stattdessen der Versuch gewagt, Einblicke in die Besonderheiten der Akademie zu geben, die einen psychoanalytischen Denk- und Erfahrungsraum für Studierende sowie Berufstätige ermöglichten.

Das Einführungsplenum mit strukturierender und organisatorischer Funktion bot den Teilnehmenden die Möglichkeit sich kennenzulernen und ihren Erwartungen und Befürchtungen Raum zu geben. Hier stand der Wunsch nach Erkenntnissen und Einsichten der Befürchtung von langweiligen und ermüdenden Vorträgen konfrontiert zu werden, gegenüber. Wer befindet sich in diesem Raum? Woher und warum kommen diese Menschen hier zusammen, die sich in den nächsten Tagen miteinander auf eine psychoanalytische Erkundungsreise begeben? Fragen, denen sich die Teilnehmenden annäherten und auch über die Akademie hinweg präsent waren und blieben.

Diese Erkundungsreise begann mit der Selbsterfahrung in den (eingeteilten) Kleingruppen, die über den gesamten Zeitraum hinweg im Wechsel mit der Großgruppe stattfanden. Sie – die Kleingruppen – waren Entwicklungs- und Erfahrungsräume zugleich und machten psychoanalytisches Denken und Verstehen in besonderer Weise erlebbar. In der Fremdheit dieses neuen Zusammenkommens brauchte es Vertrauen zueinander, einen sicheren Rahmen und eine Leitung, die die Empfindungen und Themen in der Gruppe aufspürte, benannte und Prozesse anstieß. Auf der Suche nach dem eigenen Platz in der Gruppe, dem eigenen Ich, kam es zu ersten Begegnungen und der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden. In den nächsten Selbsterfahrungseinheiten wurde es zunehmend möglich, private und intime Inhalte miteinander zu teilen. Dabei kamen Sehnsüchte auf, Beziehungen und gescheiterte Ehen wurden erinnert, es ging um Konventionen, (Schwierigkeiten mit) Abgrenzung, (innere) Freiheit und Sicherheit. In der Gruppe, die sich noch zu Beginn fremd war, wurde all das möglich. Zwischen den Kleingruppen kamen alle Teilnehmenden in der Großgruppe zusammen, die eine eigene Dynamik entwickelte. Krieg und Frieden, Klimakrise, Diskriminierung, Alt und Jung, Ohnmacht und der Abschied (in der Gruppe) waren einige der Themen, die Einzug fanden. Es wurde mit der Zeit emotional dichter, der anstehende Abschied abgewehrt, Disharmonie machte sich breit, die Plätze wurden während einer Sitzung abrupt gewechselt, es entstand Lebendigkeit. Wie viel darf in der Großgruppe geteilt werden? Wie viel Raum darf sich jeder Teilnehmende nehmen? Mit diesen Fragen war die Gruppe beschäftigt und setzte sich auch grundsätzlich damit auseinander, wie die Selbsterfahrungsgruppen auf sie wirkten.

Die Selbsterfahrung sowohl in den Kleingruppen als auch in der Großgruppe war umrahmt von Theorieeinheiten. Zu Beginn noch sehr grundlegend über die Psychoanalyse selbst, welche als Psychotherapie und Kulturtheorie vorgestellt wurde, sind die Vorträge zunehmend spezifischer geworden und umfassten neben einem Vortrag zum Leitthema der Akademie vor allem Einheiten zu den unterschiedlichen Anwendungen der Psychoanalyse. Im Vortrag „Was kann uns die Psychoanalyse über den Krieg sagen?“ wurde nach einer umfassenden theoretischen Darstellung gefragt, ob Krieg zu vermeiden sei und welche Diagnose eigentlich Putin habe. Auf die Frage aus dem Plenum „Haben Sie noch Hoffnung?“, antwortete Frau Dr. med. Elke Horn: „Solange wir ins Gespräch kommen, habe ich Hoffnung.“ In dem entwicklungspsychologischen Beitrag von Herrn Prof. Dr. med. Matthias Franz lernten die Teilnehmenden, wie sich die Seele entwickelt und dabei insbesondere um die Bedeutung bindungstheoretischer Erkenntnisse. Der Beitrag endete mit der Aufforderung an die Teilnehmenden: „Suchen Sie sich sicher gebundene Menschen und binden Sie sich an diese!“ In einem gruppenanalytischen Seminar von Herrn Dr. med. Bertram von der Stein erwartete die Gruppe (historisches) Wissen zu gruppenanalytischen Konzepten und erfuhr Einblicke in seine Arbeit als Gruppenanalytiker. Es wurde deutlich, welche besonderen Merkmale dazu beigetragen haben, dass in der Woche Räume entstanden sind, in denen Vertrautheit, Offenheit, Nähe und Intimität möglich wurden. Daneben gewährten Frau Gabriele Engelhardt und Frau Adler-Corman Einblicke in ihre Arbeit als analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und zeigten die Besonderheiten im Vergleich zur Arbeit mit Erwachsenen auf. Es kamen viele interessierte Fragen auf, welche auch die Rolle des Vaters mit einschlossen. Wie Psychoanalyse in der Arbeitswelt analog zu therapeutischen Prozessen helfen kann, hat Herr Christoph Tangen-Petraitis anhand einer ausführlichen Fallgeschichte vermittelt. Die Gründerin der Tagesklinik für transkulturelle Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Frau Dr. med. Stefanie Dechering rundete den theoretischen Rahmen der Akademie durch einen Beitrag zur psychoanalytischen Arbeitsweise mit Flüchtlingen und Migrant*innen ab.

Die psychoanalytische Filmwerkstatt bot an einem Abend die Möglichkeit gemeinsam mit Frau Dr. phil. Beate West-Leuer Zugang zu dem Film „Diplomatie“ zu finden und Bezüge zum aktuellen Ukraine-Krieg herzustellen. Die Teilnehmenden durften frei assoziieren und ihre Empfindungen und eigenen biografischen Erinnerungen mitteilen. In der Zukunftswerkstatt am letzten Tag der Akademie assoziierten die Teilnehmenden über eine „Klagemauer“, ein „Traumschloss“ und „die Brücke zur Realität“ in Gruppen frei darüber, ob und wie Psychoanalyse nutzt. Die Verabschiedung dieser ereignisreichen und emotionalen Woche endete mit den Schlussworten „Danke für die besondere Erfahrung! Wir hoffen, dass ihr gute Introjekte mitnehmen konntet.“

Das Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie Düsseldorf e.V. (IPD) zeigte abschließend Wege für Interessierte in der Ausbildungsbörse auf, eine psychoanalytische Ausbildung zu beginnen.